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Spotlights und/oder Laternen

Mittwoch, 27. April 2011

China und der Rest der Welt

China schickt E-Mails von 6000 Gmail-Account, um zu verhindern, dass das Tor-Projekt von chinesischen "Bürgern" (passender wäre Untertanen, oder noch besser, Leibeigenenen) benutzt wird. Die Geschwindigkeit, mit der auf ausländische Webseiten zugegriffen werden kann, beträgt ca. 1% der Geschwindigkeit, die im innerchinesischen Pseudonetz möglich ist. Das Gebahren der chinesischen Führung ist in einem Ausmaß lächerlich, dass man ansonsten nur in Bananenrepubliken vermuten würde. Andererseits: Was, als eine Bananenrepublik ist dieses Land schon? – Polizisten beschlagnahmen willkürlich Fahrzeuge, weil diese angeblich als Taxis eingesetzt werden, Visabestimmungen werden nicht eingehalten und bei der Beantragung wird eine Erklärung der tatsächlich geltenden Bestimmungen verweigert, rechtliche Bestimmungen richten sich nach Personen und nicht nach der Sache und wer der richtigen Familie angehört, der wird auch nicht gefoltert, weil er möglicherweise dies oder jenes verbrochen hat. Kurz gesagt: Ich kann dieses Land nicht mehr ernstnehmen.

Die Menschen hier werden domestiziert und konditioniert. Arbeitskraft ist ein Rohstoff.

Dies mag daran liegen, dass dieses Land in Wirklichkeit nur eine Firma im Privatbesitz einiger Familien ist. Diese Firma wird natürlich so geführt, dass es den Untertanen möglich ist, Mehrwert zu erwirtschaften, was wahrscheinlich durchaus zu Recht als Erfüllen der staatlichen Pflichten bezeichnet werden kann. Das Vieh auf der Weide muss gefüttert werden. – Und es muss bei Laune gehalten werden, denn sonst frisst es schlecht und erwirtschaftet unbefriedigende Erträge.

Natürlich muss auch verhindert werden, dass die Herde auseinanderfällt, immerhin entsteht gerade dort besonders viel Leistung, wo die Herdenmitglieder untereinander in ein Konkurrenzverhältnis treten und also versuchen, ihren Rang innerhalb der Gruppe zu verbessern. Diese Anstrengungen werden vom sogenannten Staat natürlich gerne gesehen und unterstützt. Um aber die Abwanderung zu verhindern und die Gruppe trotz aller Binnenkonkurrenz zusammenzuhalten, braucht es gruppenübergreifende Konzepte. Und so kommt es dazu, dass rassischer und kultureller Chauvinismus mitnichten Erscheinungen des vorletzten Jahrhunderts sind, sondern in einem Teil der Welt aufs neue ihren Zweck entfalten können, gezielt gefördert von „staatlicher“ Seite.

Ca. 95% von dem, was China ist, kommt aus dem Westen. 80% dieser 95% sind amerikanisch. Doch China hat sich nicht modernisiert, weil der Westen etwas dafür getan hätte, oder weil China sich dies gewünscht hätte. Es ist ein Missverständnis zu denken, dass gewisse Denkmodelle, die ich bisher für „Einsichten“ hielt, sich durchgesetzt hätten, weil führende Kreise ihre Richtigkeit erkannt hätten. Als Beispiel: Treibhauseffekt und bevorstehender Ölmangel sind seit langem bekannt. Dennoch boomt die Autoindustrie und eine normale Straße hat mindestens 4 Spuren. Es sind gewiss nicht die Einsichten gewesen, die dazu geführt haben, dass der Zustand, wie er nun vorliegt, besteht. Es ist viel grundsätzlicher. Einsichten sind Luxus, geboren aus der Muße (und Freiheit) denken zu können „... was wäre, wenn ...?“ Viel grundsätzlicher sind: Not und Gier. Not trieb China zum Studium ins Ausland. Gier brachte die Ausländer nach China. Es geht und ging wahrscheinlich niemals um einen Austausch oder ein „voneinander lernen
. Ziel allen Kontakts ist der Profit. Und da es sich als profitabler erwiesen hat, Firmen in hierarchischer Struktur zu organisieren, folgt China diesem Modell und ist feudal und hierarchisch bis ins letzte Detail.

Es ist bedenklich, konstatieren zu müssen, dass Rückständigkeit in den Bereichen der Diskussionskultur und der Bildung, zusammen mit nationalen Entwurzelungstraumata ein Klima geschaffen haben, in dem das Denken schwerfällt. Der Zweck heiligt die Mittel. Der Unterschied zwischen China und mir besteht darin, dass ich in diesem Satz eine moralische Kritik erkenne, die den Chinesen hingegen vielleicht auf ewig verborgen bleiben wird. Denn NATÜRLICH ist der Zweck das Wichtigste. Und wenn der Zweck es erfordert, wäre man dumm, wenn man nicht jedes Mittel nutzte.

In diesem Sinne – bewaffnet euch gut.